Match Maker, die Heiratsvermittler

Heiraten hier in China ist eine große Nummer. Es ist der absolute Lebenszweck von Kindern sich zu verheiraten und selbst Kinder zu bekommen. Warum? Hier geht es meistens nicht um die eigene Lebensplanung, das was man will oder machen möchte, seine Träume zu verwirklichen oder sein Leben zu leben. Es geht schlicht und ergreifend um die Sicherung der Eltern. Wichtig dabei ist auch immer, dass der Mann sich gemeinsam mit seiner Frau um seine eigenen Eltern zu kümmern hat.

Für den praktischen Arbeitstag bedeutet das, dass die Angestellten, wenn die Eltern ein gewisses Alter erreicht haben aus der Gegend stammen müssen, weil sie sonst sehr schnell in ihr Heimatdorf abwandern. Wenn das nicht der Fall ist, so müssen die Eltern der Frau in der Gegend wohnen und der Mann muss einen älteren Bruder haben. Damit ist sicher gestellt, dass das Verhältnis länger als ein Jahr bestand hat.

Der Markt um geeignete Heiratsobjekte (weiblich, männlich) ist heiß umkämpft. Den richtigen Partner mit den richtigen Papieren und richtigen Connections zu bekommen steht dabei an Platz 1. Liebe und sonstige Dinge sind oft hinten angestellt. Wichtig dabei sind drei Dinge bei Männern:

  1. das monatliche Einkommen und der Titel der Arbeitsbeschreibung – Über dem Marktüblichen Schnitt muss das Einkommen liegen, am Besten weit drüber; der Arbeitstitel muss vermitteln: Chef
  2. Die Wohnung – groß muss sie sein, bezahlt muss sie sein und eingerichtet. Es darf aber keiner zuvor in dieser gewohnt haben.
  3. Das Auto – Abbezahlt und von Status. Am besten einen deutschen Wagen. Langversion, versteht sich

Wenn alle drei Dinge abgehakt sind, dann kann man schon mal ins Gespräch kommen. Vorher wird es eher schwierig in der sogenannten Mittelklasse. Es kommen hier noch weitere Themen hinzu, wie ein geeigneter Hukou, eine Art Wohntitel ähnlich der Heimatsberechtigungen in der Schweiz. Diese sind unbedingt wichtig für den Zugang für Schulen und auch später noch relevant für den Besuch der Universität. Nachdem davon ausgegangen wird, dass in den Städten die Schulen besser sind, sind damit die Hukous von Shanghai und so weiter von höherem Wert. Weiterhin verspricht der Titel auch eine bessere Aussicht auf ein höheres Gehalt.

Was aber tun, wenn die Kinder nicht so recht in die Gänge kommen den geeigneten Partner für die Ernährung der Eltern im Rentenalter zu finden? Hier schlägt der demographische Faktor voll zu:
Die Einkindpolitik ist seit spätestens 2012 weitgehend Vergangenheit in China. Es gibt mehrere Regeln, die heute ein zweites Kind zulassen. Gefühlt ist es keine Ausnahme mehr, dass Familien ein zweites Kind haben. Vor allem reiche Familien. Durch die Einkindpolitik kam es vermehrt zur geschlechtsspezifischen Abtreibung. Dieses zeigt sich nun in einer Quote von 118 Männern auf 100 Frauen in China. In 10-15 Jahren wird es bedeutet, dass 24 Millionen Männer in China im heiratsfähigen Alter keine Partnerin finden werden. Ein Artikel der BBC und ein dazu erhältlicher Podcast beleuchtete diese Situation sehr gut: Artikel, Podcast (Prädikat: absolut empfehlenswert). Eltern versuchen dagegen etwas zu tun. Die Einkindpolitik wurde daraufhin im Jahr 2016 abgeschafft und durch eine offizielle Zweikindpolitik ersetzt.

Wenn nun der Zustand des Einpersonenhaushalts anhält wird auf die Kinder ein massiver Druck ausgeübt. Es gibt dafür sogar in China einen Markt. Es gibt Apps, die sich nur damit beschäftigen für die Heimfahrten zu den Eltern einen passenden Mit-Partner zu finden. Den will man freilich nicht heiraten, sondern mietet ihn für einen Tag, um ihn der Familie zu präsentieren, um den Druck zu verringern. Dauert diese Unterfangen zu lange, dann wird es den Eltern zu bunt. Es geht hier schließlich um die Absicherung im Alter. Bei ausbleibender Ehe, wird das Thema in die eigene Hand genommen und auf inoffiziellen Heiratsmärkten präsentiert (auf den Bildern in Shanghai). Auf den Regenschirmen werden die Rahmendaten des zu verheiratenden dargeboten. Alter, Tierkreiszeichen, Einkommen, Hobbys, alles, was einen Menschen so ausmacht. Eltern streifen durch die Schirme und suchen nach den richtigen Partnern, die ihnen als geeignet erscheinen.Wenn sich die Eltern handelseinig sind, kommt es zu einem organisierten treffen. Nicht selten mit beiden Elternpaaren dabei.

Wie diese Entwicklung weitergehen wird, vermag ich nicht zu sagen. Eines ist allerdings klar: Solange die Menschen keine finanzielle und soziale Abstützung in ausreichendem Maße haben, wird dieses System bestehen bleiben.