Landkarten, des Chinesen liebstes Kind

Karten sind ne feine Sache. Richtige Karten noch mehr. Man kann viel damit tun. Wege rausfinden, sich in seiner neuen Umgebung zurechtfinden, neue Dinge erkunden, tolle Dinge sich vorstellen, eine Ahnung davon bekommen, wie weit etwas weg ist und noch vieles mehr.

Auffällig ist, dass in den letzten Versionen von Google Maps oder den Karten von Apple die Skalierung entfallen ist. Das findet der Betrachter, der etwas damit anfangen kann leider nicht soooo schön. Hier in China fällt das keinem auf. Wenn man mal wieder ein Taxi auf die Seite ruft, dem freundlichen Taxi fahren (di1 shi1) erklärt, wo man wohnt und wo man hinmöchte, dieser einen nur mit großen Augen anschaut und so tut als verstünde er gar nichts, dann kommt die große Stunde der Karten. Naja, wie mans nimmt. Denn dann zeigt man dem Fahrer auf dem Handy wo man sich befindet (zumeist weniger als 10 Fahrminuten, was ca. 7-10 Kilometer sind) und wo man hin möchte. Das führt man dann als Übersicht vor, dann noch mal im Detail, wo man ist. Dann noch mal im Detail wo man hin möchte und dann fährt man virtuell den Weg vor, unter Nennung der richtigen Namen der Strassen. Versteht sich ja von selbst.

Dann schaut einen der Fahrer mit nur noch größeren Augen an und winkt ab (tipp: dann ganz schnell ins Taxi setzen und dem Fahrer den Weg zeigen). Habe ich schon bei X Fahrern ausprobiert, klappt todsicher. Damit konnte ich, im Rahmen einer kleinen antropologischen Studie nachweisen, dass es sich bei den meisten Fahrern um Menschen mit Karten-legasthenie handeln muss.

Das ist aber auch kein Wunder. Denn chinesische Karten sind auch speziell. Zumeist kennt man keine gemordeten Karten. Die Abstände zwischen den einzelnen Punkten sind eher, wie soll man sagen, vage Vermutungen (wir sind in einem Part hin 2 Stunden gelaufen, zurück 15 Minuten, gleiche Distanz auf der Karte).  Ein weiterer Punkt, der den geneigten Kartennutzer ums Weitere verwirren könnte, sind die Namen, die zu finden sind. Ein Beispiel:

Sehr schön finde ich im Beispiel 1: “Love between Trees and Rocks”, hört sich leicht nach einem Swinger-Paradies mitten im Naturschutzgebiet an. Und der gemeine Mensch dachte immer, dass das nur Hampstead Heath sei.

Beispiel 2 zeigt sehr schön, dass Prüderie hier keine Rolle Spielt “Lovers from afar”. Schön auch die bewusst falsch zu lesende Zeile “Two turtles pee” (zu Deutsch so viel wie: Zwei Schildkröten müssen mal)

Beispiel 3 (Mein persönliches Highlight): “Five ladies visiting the generalissimo” Zum Tee. Klaro.

Beispiel 4: “Golden whip stream”. Ich glaube ihr wisst, was ich meine.

Das ganze natürlich unter beharrlicher Unterlassung von Norden, Süden, Osten, Westen und den realen Abständen. Lässt den Park gigantisch wirken. Man weiß ja nie, wie lange man braucht.

Ein gutes hat es aber, die Karten braucht man nie, denn alles ist immer so ausgelegt, dass es auch noch der letzte Mensch findet. Zu Deutsch: Verlaufen kann man sich nicht 🙂