Das Laster von Guilin
Die Vereinheitlichung von Dingen ist in China nicht so weit, wie in Europa. Das ist auch gut so, würde man in Berlin sagen. Es hat für uns den unglaublichen Vorteil, dass wir (noch) die volle Vielfalt am Machbaren sehen können. Jeder, der eine Idee hat, setzt diese auch genau so um. In hunderten von Lösungen (siehe die China Micro Cars, die ich gerne beschreibe), so, als wäre jeder Variante kein Aufwand, so als würde nicht jede Variante den Gewinn schmälern. Und doch sind es alles Unternehmen, die einzig und allein dazu da sind Gewinn zu machen. Der Markt wird sich auch hier auf einige wenige Teilnehmer einpendeln. Soweit ist es allerdings noch nicht.
Ein schönes Beispiel hierfür konnte wir die Tage in Guilin und Yangzhou bewundern. Kleine, wie würde man sagen, LKW, vielleicht. Lastengefährte im weitesten Sinn. Aber alle haben eine Gemeinsamkeit, einen offenen Motorraum. In Europa völlig undenkbar, hier Alltag. In Changsha und Umgebung konnte ich eine solche Bauart noch nicht bestaunen. Aber, seht selbst:
Wie kommt es zu diesem Konstrukt? Der Hintergrund, so weit die Recherche, muss steuerlicher Natur sein. Nur ein Antrieb an einem LKW war tatsächlich mit einer Vorderachse mit zwei Rädern gestaltet. An sonsten wurden alle diese Gefährte – ich habe sicherlich 10 verschiedene Varianten entdeckt – mit einer Dreirad Konstruktion gelöst. Nahe Yangzhou konnten wir ein Geschäft sehen, welches die Antriebe verkauft. Eines, gleich daneben, verkaufte die dazugehörigen Kabinen und die Rückwärtige Achse. Scheinbar, so die Informationen von Kollegen, werden diese Art von “Schleppern” steuerlich begünstigt behandelt, sofern sie ohne feste Umbauung verkauft werden. Damit erklärt sich auch klar das Prinzip der zwei Geschäfte, die nebeneinander in Koexistenz, ja gar zu einander in einer Wirts-Parasitenbeziehung stehen. Im positiven.
Es zeigt einmal wieder: In China ist man sehr flexibel, wenn es um die Auslegung der Ein oder Anderen Regel geht. Vielleicht können wir uns da etwas abschauen. 🙂